Offene erprobte Unterrichtsszenarien fĂŒr LehrkrĂ€fte erschlieĂen
SpĂ€testens in Folge der Corona-Pandemie sind viele LehrkrĂ€fte im Internet auf der Suche nach digitalen erprobten Unterrichtskonzepten. Konkrete anwendungsbezogene Impulse fĂŒr den digital gestĂŒtzten Hybrid- oder Fernunterricht werden dabei von Lehrenden in besonderem MaĂe geschĂ€tzt. Dabei geht es z.B. um konkrete Unterrichtsinhalte in den einzelnen FĂ€chern, jedoch auch um den didaktischen Einsatz in der Praxis. Damit zusammengehend stellen sich insbesondere in der aktuellen Situation Fragen, wie etwa die nach der passenden Wahl von digitalen Tools fĂŒr die Unterrichtsbeispiele. Aber auch die bestmöglichen digital gestĂŒtzten Unterrichtsmethoden und diesbezĂŒgliche Anleitung werden gesucht, auĂerdem Best-Practices zu deren wirksamen Umsetzung und Hilfestellungen fĂŒr die Passung der UnterrichtsansĂ€tze zum Rahmenlehrplan sowie dem Profil der Schule. Kurzum: Es zĂ€hlen nicht nur Inhalte wie Unterrichtsressourcen, sondern auch deren didaktische âRahmungâ bzw. âEinfassungâ in methodisch durchdachte und erprobte Kontexte. Dabei soll darĂŒber hinaus spezifischer Bezug auf die persönlichen PrĂ€ferenzen der Lehrenden sowie die schulischen Kontexte wie Curricula und Bundeslandspezifika genommen werden.
Einsetzbare offene Unterrichtsbeispiele mit methodischer Klammer als Herausforderung
Bisher sind auf bundeslandeigenen bzw. bundeslandĂŒbergreifenden OER-Plattformen wie WirLernenOnline insbesondere einzelne offene Unterrichtsmaterialien auffindbar. Gleichzeitig kursieren seit den ersten SchulschlieĂungen viele allgemeine Tipps und Anleitungen fĂŒr den Einsatz digitaler Tools im Unterricht oder methodische Hinweise zu Hybrid- oder Fernunterricht. Selten finden sich kompakte direkt anwendbare Beschreibungen von digitalen Unterrichtsszenarien, in denen fĂŒr LehrkrĂ€fte konkret beschrieben ist, wie bestimmte Unterrichtsmaterialien fĂŒr ein Fach in digitalen Lehr-Lernsituationen mit spezifischen Tools und methodischer Anleitung umgesetzt werden. Bislang sind LehrkrĂ€fte stets gefordert, ergĂ€nzende Komponenten wie das passende Tool zum Unterrichtsmaterial, selbst auszumachen und Inhalte, Tool(s) und Methoden miteinander möglichst wirksam in Verbindung zu setzen.
Um ĂŒber neue plattformgestĂŒtzte Lösungen fĂŒr diese Herausforderung nicht nur nachzudenken, sondern möglichst eine direkt auch technisch umsetzbare Pilotierung dessen zu entwickeln, haben sich Akteur:innen der OER-Community zum 1. JOINTLY Hackathon des Jahres 2021 zusammengefunden. Teammitglieder des digital.learning.lab, des WirLernenOnline Team und des edu-sharing Open Source Team trafen sich, um in guter JOINTLY Manier den Community-Gedanken zu leben und in Zusammenarbeit an einem Tag pragmatische, anschluss- und tragfĂ€hige Lösungen zu erarbeiten. Beteiligt waren u.a. Teammitglieder des Instituts fĂŒr Technische Bildung und Hochschuldidaktik der TU Hamburg, die mit dem digital.learning.lab bereits Erfahrungen mit der Gestaltung einer Plattform fĂŒr offene digitale Unterrichtsbausteine sowie ihren didaktischen Einsatz in der Praxis â unter BerĂŒcksichtigung der Kompetenzen fĂŒr eine digitalisierte Lebens- und Arbeitswelt â haben. Das WirLernenOnline Team brachte insbesondere die Expertise im Bereich der Entwicklung von OER-Metaplattformen und die fachredaktionelle Begleitung ein. Weitere IT-Expert:innen im Bereich der Bildungs- und Open Source-Technologie von edu-sharing e.V. verstĂ€rkten das Hackathon-Team.
Edu-Patterns als Lösungsansatz fĂŒr LehrkrĂ€fte auf der Suche nach Beispielen fĂŒr digitalen Fachunterricht
Es besteht â so legte es die Befragung der am Hackathon Beteiligten und deren Communities nahe â ein groĂes Interesse daran, dass didaktische Konzepte den medienspezifischen Erfordernissen entsprechend aufbereitet bzw. entwickelt, also auf den schulischen Fachunterricht mit digitalen Medien zugeschnitten sind. Dies, so der Bedarf, soll dann allerdings auch in Gestalt anwendungsorientierter und im besten Fall schon erprobter Lehr- und Lernszenarien, wie einer Unterrichtseinheit, geschehen und dann auch möglichst im Kontext mit passgenauen, auf den jeweiligen Lehrplan ausgerichteten Inhalten, Tools und Methoden den Anwendungsbezug, d.h. den Transfer in die Praxis, fördern und erleichtern.
Fragen, die die am Hackathon beteiligten Projekte und Personen erreicht haben, bzw., die an sie herangetragen wurden, waren z.B.:
- Hat schon mal jemand das Lehrplanthema âOptik / Das menschliche Auge onlineâ gelehrt?
- Wo finde ich unterschiedlichste, fertige, digitale Unterrichtsbausteine fĂŒr mein Fach?
- Kann ich diese nachnutzen und sind diese auch qualitÀtsgesichert?
- Wie kann ich diese Unterrichtsbeispiele mit anderen Softwaretools umsetzen, wenn die genannten Tools in meinem Land nicht verfĂŒgbar oder erlaubt sind?
- Wie organisiert man eine Gruppeneinteilung online effizienter?
Die Möglichkeit der praxisnahen Integration in die konkrete Unterrichtssituation (bzw. schon in die Unterrichtsvorbereitung) ist vielerorts der PrĂŒfstein, an dem sich oftmals und aktuell in besonderer Dringlichkeit entscheidet, ob Lehrenden wirklich weitergeholfen wird. Die enge Ausrichtung auf die Bedarfe der Lern- und Lehrenden, der Eltern und Schulen, die Förderung des Transfers und kluge Verzahnung von digitalen Bildungsangeboten und -plattformen, deren Angebot(e) zur Anhebung und Verbesserung der Schul- und Bildungslage ist gefragt. Damit einher geht die Verbindung zwischen digitaler bzw. hybrider Unterrichtskonzeption, technologischer Infrastruktur und technischem Unterbau sowie pĂ€dagogisch sinnvoller, didaktisch wertvoller Praxis.
Das ĂŒbergreifende Thema: Edu-Patterns, d.h. didaktische Konzepte â âHĂŒl(s)enâ â Templates, Vorlagen oder Muster, denen die pĂ€dagogische Struktur schon mitgegeben ist, die also bereits in eine ausgearbeitete und bewĂ€hrte didaktische Form gefasst sind.
Einige der Fragen / Herausforderungen, die dem Hackathon vorausgingen und die die Hackathon-Beteiligten zu systematisieren versuchten, waren:
- Wie können Lehrende abstrakt pÀdagogische AblÀufe / Methoden teilen?
- Wie können Bausteine dieser Methoden abstrakt und mit mehreren konkreten Tool-Beispielen beschrieben werden?
- Wie lĂ€sst sich so ein methodischer Ablauf bzw. dessen Bausteine automatisch fĂŒr ein Lehrplanthema fĂŒllen?
- Wie können Bildungsportale Methoden und Bausteine finden, die dann sehr leicht an das eigene Lehrplanthema anpassbar sind?
Die Entwicklung von Edu-Patterns am Beispiel âFishbowl-Methode im Politikunterricht mit BigBlueButtonâ
Offenes digitales Unterrichtsmaterial, das mit der Methode âkompatibelâ ist, bzw. sich fĂŒr diese besonders eignet, war mithilfe der Bildungssuchmaschine WirLernenOnline.de schnell gefunden. Die Frage, bzw. die Problemstellung, die auf die Schultern dreier Teams verteilt wurde: Wie kann das Material zusammen mit Methoden(wissen) und passenden Tools gemeinsam nicht nur als âeinfachesâ Material oder alleinstehender Inhalt, sondern in einem âkompletten Szenarioâ erschlossen werden, also innerhalb eines pĂ€dagogisch-didaktischen Rahmens eingelassen bzw. mit diesem zusammengenommen ertragreich / gewinnbringend aufbereitet und auffindbar gemacht werden? Eine weitere Frage, zu deren Beantwortung der Hackathon einen AnstoĂ geben möchte: Inwiefern profitieren Lehrende davon, ein âkomplettesâ und âverknĂŒpftesâ âLern- und Lehr-Szenarioâ, also ein Unterrichtsszenario als eine Art Modul aus Methode, Tool und Inhalt, zur Hand zu haben? Nach eingehender Planungsphase und Analyse der Problemlage und sich daraus ergebender Fragestellung bildeten sich drei Teams.
Das erste Team erarbeitete eine Toolbeschreibung und einer âToolseiteâ. FĂŒr BigBlueButton wurde eigens eine Profilseite, die sich mit entsprechenden Verweisen auf Lehr- und Lernszenarien und Methoden, welche sich des Tools bedienen bzw. deren Umsetzung erleichtern, beschĂ€ftigt, angelegt. Ein zweites Team war mit der Erstellung einer âTool-Szenarien-Seiteâ befasst, die dem Thema âFishbowl-Methode mit BigBlueButtonâ entsprechenden Anwendungskontext verleiht, Argumente fĂŒr diese Kombination liefert und wichtige erklĂ€rende sowie erlĂ€uternde Aspekte fĂŒr eine methodisch sinnvolle und zielfĂŒhrende Realisierung oder Adaption dieses Lehrszenarios anbietet. Ein drittes Team hat sich der Ausarbeitung einer âMethoden-Seiteâ angenommen. Diese integriert und erlaubt ausgehend von der Erörterung der Methode den Absprung auf âgeeignete Toolsâ und âTool-Alternativenâ oder âToolkombinationâ, passende Unterrichtsbausteine, Ă€hnliche Methoden aus einem vorher definierten âMethodenclusterâ.
Im Ergebnis wurden bis Ende des Hackathons erste Mockups eines Portals fĂŒr direkt nutzbare digitale Unterrichtsszenarien, sogenannte Edu-Patterns, entwickelt.
Nachfolgend Screenshots der Ergebnisse des Hackathons:
Abb. 3: Liste der angelegten Metadatensets zu ‚Unterrichtsmethoden‘ im SkoHub-VocabsÂ
Abb. 4: Prototypische Einbindung ‚gruppierter Ergebnisse‘ in der WLO-Suche
Der Edu-Pattern Hackathon als Startpunkt fĂŒr community-basierte Weiterentwicklungen
Davon ausgehend stellten sich fĂŒr die (Weiter-)Entwicklung eines entsprechenden Edu-Pattern Portals fĂŒr LehrkrĂ€fte folgende Anschlussfragen:
- Wie ist das aktuelle BedĂŒrfnis und wie sind die aktuellen Bedarfe der Lehrenden?
- Können wir den LehrkrÀften einen echten und wirklichen Vorteil damit bieten und wenn ja wie genau?
- Wie sehen die Pattern und ein ihnen unterliegendes, strukturgebendes und systematisierendes âMethodenclusterâ aus?
- Wie viele Pattern können wir erschlieĂen, wie viele sind sinnvoll und wie aufwendig ist die ErschlieĂung einzelner (Unterrichts-)Szenarien inklusive Aufbereitung und auffindbar machen?
- Wie kann eine Lösung auf Plattformen wie dem digital.learning.lab und oder WirLernenOnline effektiv so zum Einsatz kommen, dass den Nutzenden sofort weitergeholfen ist?
Die Teams möchten gemeinsam nĂ€chste Schritte gehen und sich hierbei so nah wie möglich an den tatsĂ€chlichen BedĂŒrfnissen der LehrkrĂ€fte orientieren. Die Offenheit der Projekte und der verbindende Community-Leitgedanke lassen verschiedenste Formen der Beteiligung, des Engagements und der Kooperation zu und beziehen diese aktiv mit Hinblick auf eine kooperative und gemeinschaftliche Wirksamkeit ein. Zusammen viel zielfĂŒhrend und sinnvoll bewegen, um Synergieeffekte bemĂŒht sein und diese ermöglichen â dafĂŒr tritt und steht auch JOINTLY ein!
Meldet euch sehr gerne, wenn ihr Ideen, VorschlĂ€ge, Impulse oder Anregungen habt bzw. mehr erfahren wollt oder mitwirken möchtet, etwas einbringen könnt und wollt oder euch die Projekte einfach nur interessieren! Die beteiligten Teams wĂ€ren sehr froh und dankbar ĂŒber RĂŒckmeldungen, EinschĂ€tzungen oder Kontaktaufnahmen. Ein Hackathon setzt einen Startpunkt und bringt erste Lösungen. Die Ergebnisse dann ertragreich anzuwenden und auszubauen, den Schwung mitzunehmen und in Bahnen zu lenken, wirksam und ausrollfĂ€hig zu machen, das ist die Herausforderung. Diese lĂ€sst sich gemeinsam, im Verbund wesentlich besser angehen als alleine!Â
Weiteres Feedback hierzu kann gerne an redaktion@jointly.info geschickt werden.
Co-Autoren: Lennart Oberlies, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei JOINTLY / Ronny Röwert wissenschaftlicher Mitarbeiter & Projektkoordination digital.learning.lab an der TUHH / Matthias Eckert, Kommunikationsleitung WirLernenOnline