TL;DR: In diesem Blog-Post soll das Projekt MoodleNet und dessen Technologie kurz vorgestellt werden. MoodleNet entwickelt mit Hilfe des Social Network Protokolls ActivityPub einen Community-basierten Ansatz, um Lehr- und Lernmaterialien besser auffindbar und teilbar zu machen.
Eines der gröĂten Probleme, die Open Educational Resources betreffen, ist deren Sichtbarmachung, besonders fĂŒr Einzelpersonen. Frei lizenziertes Material findet sich bereits zuhauf im Internet, doch um es zu nutzen oder zu remixen, muss es zunĂ€chst einmal gefunden werden. Dieses Thema wurde auch im Jahr 2019 von Matthias Andrasch und Nele Hirsch aufgegriffen und mĂŒndete in zwei verschiedenen AnsĂ€tzen:
- Prototyp eines zentralen OER-Index (Matthias)
- Prototyp einer dezentralen OER-Suchmaschine (Nele)
WĂ€hrend in einem zentralen Index möglichst umfassend eine Sammlung aller verfĂŒgbaren OER-Repositorien und deren Materialien angestrebt wird, hat eine dezentrale OER-Suchmaschine einen anderen Ansatz: Ich möchte selbst Materialien hinzufĂŒgen können und so eine personalisierte Suche erhalten.
Dieser Ansatz adressiert ein wesentliches Problem des zentralen Ansatzes:Â
Wie bekomme ich mein Material in einen zentralen OER-Index, damit sie gefunden werden?Â
Falls ich nicht die Möglichkeit besitze mein Material auf eines der Repositorien hochzuladen, die vom zentralen OER-Index durchsucht werden, habe ich Schwierigkeiten, mein Material in so einem Index zu platzieren. Aber auch in dem geschilderten dezentralen Ansatz gibt es ein Problem:
Wie kann ich mit anderen Menschen meinen persönlichen Index teilen? Wie kann ich ihnen mitteilen, dass ich ein gutes Material gefunden oder erstellt habe?
Dieses Problem treibt (nicht nur) die #OER-Community bereits lĂ€nger um und fĂŒhrte zu verschiedenen LösungsansĂ€tzen, wie bspw. Social Bookmarking-AnsĂ€tzen, von denen sich bisher jedoch keiner groĂflĂ€chig durchsetzen konnte.
Social Bookmarking
Edutags versuchte dieses Problem mit dem Ansatz des „Social Bookmarkings“ anzugehen: User:innen können sich dort registrieren, interessante Webseiten bookmarken und diese anderen zur VerfĂŒgung stellen. Es wird sogar ein Browser-Addon angeboten, um Seiten schneller markieren zu können. Auch andere Bookmarking-Tools wie shaarli oder getPinry werden in der Community diskutiert, um das Problem der Auffindbarkeit und des Teilens anzugehen. MoodleNet greift diesen Ansatz auf und entwickelt ihn mittels des neuen Social Networking Standards AcitivityPub weiter.
ActivityPub
ActivityPub? ActivityPub ist ein offenes Protokoll fĂŒr dezentrale soziale Netzwerke, das vom W3C als Standard eingefĂŒhrt wurde. Zweck dieser EinfĂŒhrung ist es, einen Standard zu definieren, wie Interaktionen auf Social Network KanĂ€len funktionieren, also beispielsweise das gegenseitige Folgen, das Liken und das Schicken von Nachrichten.
Und wozu wird so etwas benötigt?
Ganz grob vereinfacht, ermöglicht das Nutzen dieses Protokolls, das sich verschiedene Social Networking Apps dezentral zu einem sozialen Netzwerk zusammenschlieĂen können. Jede, die es möchte (und dazu technisch in der Lage ist), könnte ihren eigenen kleinen Social-Network-Server betreiben (oder natĂŒrlich auch mit vielen anderen Menschen zusammen einen) und dieser könnte sich mit allen anderen Social-Network-Servern verbinden, sodass wir auch die Nachrichten von den Menschen lesen können, die gar nicht auf unserem eigenen Server registriert sind. Möglich macht dies die Tatsache, dass alle dasselbe Protokoll (i.e. ActivityPub) benutzen. Ein prominentes Beispiel fĂŒr das Nutzen dieses Protokolls fĂŒr eine Social Media Plattform ist beispielsweise Mastodon.
MoodleNet
Aber wie kann uns das im Bildungs- und OER-Bereich helfen? MoodleNet, eine neue, offene Social Media Plattform fĂŒr Lernende, macht es vor: Wie bei jeder anderen sozialen Plattform (Twitter, Facebook,…) kann ich Personen folgen. Genauso kann ich dort aber auch Communities folgen, die beispielsweise âCollectionsâ zu bestimmten Themen anlegen und dort Material hochladen (und dieses bspw. direkt in meinem Moodle-Kursen verwenden).
Ein anschauliches Beispiel gibt dieses kĂŒrzlich veröffentlichte Video von MoodleNet:
https://blog.moodle.net/2020/moodlenet-0-10-beta-demo/
Mit Hilfe dieses dezentralen Ansatzes könnte ich also âCommunitiesâ oder âCollectionsâ folgen und dort mein Material hochladen. Ganz Ă€hnlich dem Community-Ansatz der seit letztem Jahr auch in den OER-WerkstĂ€tten verfolgt wird. Gemeinsam lieĂe sich so ĂŒber Material diskutieren, dieses gemeinsam verbessern und wieder anderen Menschen zur VerfĂŒgung stellen. Denn, wie auch in dem Video gezeigt wird, kann ĂŒber die Suche das Material auch ĂŒbergreifend wieder aufgefunden werden. MoodleNet befindet sich derzeit in einer Test-Phase und wird voraussichtlich ab Mai in Version 3.9 von Moodle eingefĂŒhrt.
Ausblick: SkoHub-Integration
âSuper, endlich haben wir ein soziales Bildungsnetzwerk und können Material ĂŒbergreifend teilen und auch finden!â Klingt gut? Es kann noch besser werden! Suchen und finden sind beide mit einem wesentlichen Aspekt verbunden, der allerdings auf Grund seiner UnattraktivitĂ€t oft vernachlĂ€ssigt wird: Metadaten. Damit eine (Such-)Maschine ein Material finden kann, benötigt es Metadaten, also Daten ĂŒber mein Material. Nun bringt die Arbeit mit Menschen es mit sich, dass sie oft dieselben Dinge meinen, sie jedoch anders bezeichnen. Denken wir beispielsweise an eine FĂ€cherzuordnung: Die eine weist ihr Material dem Begriff âBioâ, die andere âBiologieâ, der dritte verschreibt sich und nennt es âBilologieâ zu. Nun mag eine Suchmaschine noch schlau programmiert sein und zeigt unter dem Suchbegriff âBioâ auch die Materialien an, die mit âBiologieâ, aber andersherum könnte es schon schwierig werden und das âBilologieâ-Material findet eventuell niemand mehr. Also was tun? (diese Darstellung ist natĂŒrlich stark vereinfacht, aber es sollte klar sein, was gemeint ist)
Ein Lösungsansatz ist die Verwendung einheitlicher Vokabulare. SKOS ist ein Standard, in dem diese definiert werden können und das Projekt SkoHub hat einige Tools entwickelt, mit denen sich das oben aufgezeigte Problem angehen lieĂe. Im weiteren Verlauf des Projektes ist auĂerdem geplant, dass die Vokabulare mittels KI-Technologie âintelligentâ vorgeschlagen werden können.
Hier wieder ein kurzes Video, in dem Adrian Pohl vom hbz und Felix Ostrowski SkoHub vorstellen:Â
So lieĂe sich also mit Hilfe der SkoHub-Extension jedes Material im Internet unkompliziert einer Community oder Collection hinzufĂŒgen und jeder, der einer entsprechenden âInboxâ der Community oder Collection folgt, bekommt eine Nachricht in seiner Timeline angezeigt. Ein groĂes #twitterlehrerzimmer, allerdings mit Fokus auf dem Erstellen und Kuratieren von Material. GesprĂ€che ĂŒber Integrationen von SkoHub und MoodleNet laufen bereits.
EinschÀtzung
MoodleNet verspricht einen innovativen, Community basierten Ansatz, wie er seit einiger Zeit auch in den OER-WerkstĂ€tten versucht wird zu leben. Interessierte Menschen vernetzen sich und arbeiten gemeinsam an freien Bildungsmaterialien. Der Ansatz setzt auf dem offenen Standard ActivityPub auf und verwendet Open Source Produkte. Dies ermöglicht die Weiterentwicklung und Anbindung weiterer Tools. Insgesamt erscheint das Projekt sehr vielversprechend und eine Anbindung an vorhandene Moodle-Instanzen Ă€uĂerst reizvoll. Da eine Demo-Umgebung zur Zeit noch nicht zur VerfĂŒgung steht, konnten noch keine eigenstĂ€ndigen Tests durchgefĂŒhrt werden.
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